20. Juni 2018

Der Stein als Kultobjekt

Naturstein im Wandel der Zeit - Teil 3

Im dritten Teil unserer Serie betrachten wir Stein einmal von seiner mystischen Seite. Im Laufe der Geschichte kamen ihm nämlich vielfältige rituelle und kultische Bedeutungen zu, von denen bis heute nicht alle wissenschaftlich erschlossen sind. So ranken sich beispielsweise noch immer viele Geheimnisse um die Stonehenge-Steinkreise.

Das Rätsel um Stonehenge

Zu den wohl berühmtesten Steindenkmälern zählen die Stonehenge-Steinkreise im englischen Wiltshire, die seit 1986 UNESCO-Weltkulturerbe sind. Errichtet wurden sie – wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge – bereits in der Jungsteinzeit. Doch um ihren genauen Zweck ranken sich bisweilen unterschiedliche Theorien. Umstritten ist, ob sich hinter den Stonehenge-Steinkreisen eine religiöse Tempelanlage, ein Kult- und Versammlungsplatz, eine Begräbnisstätte oder ein astronomisches Observatorium verbirgt. Mittlerweile belegt ist, dass an der Anlage im Laufe der Jahrhunderte bauliche Veränderungen vorgenommen wurden. So beweisen Untersuchungen des Erdreichs, dass die Stonehenge-Steinkreise in mehreren Phasen errichtet wurden und ursprünglich vielmehr aus kreisförmig angeordneten Holzstämmen bestanden. Das Holz wurde später durch mindestens 43 sogenannte Blausteine ersetzt. Weitere Jahrhunderte später kamen 30 graue Steine, die durch große Blöcke miteinander verbunden wurden, hinzu.

Unklar ist aber nicht nur der Zweck des Denkmals, auch wie die Steine herangeschafft wurden (ob mit Schiffen, von Menschen oder von Zugtieren gezogen) und wie die Anlage schließlich errichtet wurde, ist bis heute rein spekulativ. Immerhin bringt es der größte Stein der Steinkreise auf eine Höhe von 6,70 m. Gegenstand der jüngsten Untersuchungen sind heute aber unter anderem auch Gravuren, die im Rahmen von Laserscans der Oberflächen auf den Steinen entdeckt wurden. Sie zeigen insgesamt 71 Äxte und einen Dolch. Trotz oder gerade wegen seiner vielen Geheimnisse gilt in Wiltshire bis heute der Stein als Kultobjekt. So werden hier von Zeit zu Zeit keltisch-druidische Gottesdienste abgehalten – mit teilweise zehntausenden Teilnehmern.

Der Schwarze Stein

Kaaba in Mekka mit rund herum laufenden Muslimen.

Ebenfalls bis heute von großer kultischer Bedeutung ist der Schwarze Stein an der Kaaba in Mekka, der gerade einmal einen Durchmesser von 25 cm aufweist.Er weist eine rötlich-schwarze Färbung auf und ist mit roten sowie gelben Partikeln durchsetzt. Bekannt ist er aufgrund des rituellen Umkreisens durch Muslime, wobei er meist berührt und geküsst wird. Ihren Ursprung hat die Verehrung des Schwarzen Steins im altarabischen heidnischen Steinkult. Erst im Zuge der Islamisierung des rituellen Umkreisens schrieb man dem Stein eine übernatürliche Herkunft zu. So stammt der Schwarze Stein, der islamischen Überlieferung zufolge, ursprünglich aus dem Paradies. Einst weißer als Milch, wurde er erst im Laufe der Zeit schwarz.

Zweifelsohne kann der Schwarze Stein auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Bei der Belagerung von Mekka im Jahr 683 wurde er von einem Katapultgeschoss zerstört und brach in drei Stücke. Der Kalif von Mekka ließ ihn daraufhin mit einer Silbereinfassung versehen. Im Jahr 931 wurde der Stein dann von Ismailiten herausgebrochen und verschleppt. Erst gegen Zahlung eines Lösegeldes kehrte der Schwarze Stein schließlich nach Mekka zurück. Seit dem 19. Jahrhundert wird angenommen, dass es sich beim Schwarzen Stein um einen Meteoriten handelt. Da er nie untersucht wurde, ist dies jedoch bislang nicht wissenschaftlich belegt worden. So gibt es auch Vermutungen, es handele sich vielmehr um einen Tektit oder Achat.

Wackelsteine und Schalensteine

Wackelstein vor einer Wiese und blauem Himmel

Unter Wackelsteinen, auch als Schaukelsteine bezeichnet, versteht man durch Verwitterung oder Ablagerung entstandene Felsblock-Formationen, die beweglich auf ihrem Untergrund balancieren. In Österreich findet man sie unter anderem im Waldviertel und im Mühlviertel. Ihre wackelige und sich dennoch im Gleichgewicht befindende Platzierung hat zur Entstehung zahlreicher Mythen und Sagen beigetragen. So wurde dem Wackelstein im Schremser Wald nachgesagt, der Teufel sei an dieser Stelle gestolpert und hätte den Stein dabei auf einen anderen gestoßen, wo er bis heute wackelig aufliegt. Bis ins 19. Jahrhundert hieß es, man könne einen Hexenschuss kurieren, indem man bei abnehmendem Mond unter dem Wackelstein hindurchkriecht.

Auch Schalensteine finden sich im österreichischen Mühlviertel und Weinviertel. Vom Volksmund auch als Opfersteine bezeichnet, weisen sie schalenartige Vertiefungen auf, die sowohl von Menschenhand als auch auf natürlichem Weg entstanden sein können. Ob sie beispielsweise als Mörser oder Feuerbohrstellen für praktische Zwecke oder als Kalender, Sternbilddarstellungen oder Fruchtbarkeitssymbole für kultisch-symbolische Zwecke verwendet wurden, dazu kursieren unterschiedliche Theorien. Zumindest im Mühlviertel gilt ihre Nutzung als Opfergefäße im Neolithikum und der Frühbronzezeit mittlerweile als erwiesen.

 

Fotocredits: iStock.com/grafvision, iStock.com/razaklatif, IStock.com/bluejayphoto

Zurück zur Übersicht
Zur optimalen Darstellung der Website verwenden wir Cookies. In Ihren Browsereinstellungen können Sie die Verwendung von Cookies deaktivieren. OK