12. Januar 2021

UPCYCLING-MÖBEL – DESIGN AUS MÜLL.

DER UMWELTGEDANKE EROBERT DIE MÖBELBRANCHE.

Vergessen Sie selbst gezimmerte Sofas aus Europaletten! Upcycling-Möbel haben die Öko-DIY-Ecke längst hinter sich gelassen und machen mittlerweile als hochwertige Designerstücke auf sich aufmerksam. Sogar die großen Hersteller setzen immer mehr auf wiederverwertete Materialien. Ein Trend, der nicht nur umweltfreundlich ist, sondern auch richtig gut aussieht.

UPCYCLING-MÖBEL: VOM NISCHENMARKT ZUM TREND

Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit, Regionalität: All das prägt unseren Konsum immer mehr. Auch beim Einrichten sind umweltfreundliche – oder zumindest -schonende – Materialien und Verarbeitungsweisen gefragt wie nie. Schon viele Möbelbauer und Kunden achten auf Zertifizierungen wie „Aus nachhaltiger Forstwirtschaft“. Doch manche gehen noch einen Schritt weiter. Im Abfall nach Wiederverwertbarem zu suchen und diesem so zu einer längeren Gebrauchsdauer zu verhelfen, liegt im Trend. Upcycling-Möbel nennt sich das. Die einstige Domäne geschickter Handwerker ist mittlerweile in der Welt der Designermöbel angekommen. Seit der Jahrtausendwende holen sich immer mehr Designer ihre Materialien sowie ihre Inspiration wortwörtlich aus Müllcontainern. Der deutsche Arbeitskreis Recycling verleiht sogar seit 2007 jährlich den „Recycling Designpreis“.

Lampe aus einer Käsereibe

UPCYCLING, RECYCLING, SECOND-HAND: WAS IST WAS?

Müllvermeidung ist das Ziel, schließlich belastet auch die Entsorgung die Umwelt und kostet. Dafür muss man nicht einmal in den Weltmeeren nach Mikroplastik fischen. Allein die Abfallhöfe haben einiges an wiederverwertbaren Rohstoffen zu bieten. Immerhin fallen deutschlandweit jährlich rund sieben Millionen Tonnen Sperrmüll an. Besonders beliebt fürs Wiederverwerten und Zweckentfremden im Möbeldesign sind Altholz, Glas, Karton, PVC, Kork, Stahl und Aluminium. Aber auch ausgediente Fischernetze, Elektroschrott und Industrieabfälle finden im sogenannten Recycling-Design eine neue Bestimmung. Während Recycling wiederverwendet, wertet Upcycling auf – es entsteht ein neuer Mehrwert. Second-Hand-Möbel werden hingegen einfach wieder „aufgetragen“. Ein alter, womöglich aufgemöbelter Stuhl bleibt dabei immer noch ein Stuhl, während beim Upcycling etwa aus alten Schallplatten ein Regal wird.

Bunte DIY Möbel als alten Ölfässern

„RAG CHAIR“ & CO.: DIE KLASSIKER DER UPCYCLING-MÖBEL

Längst sind es nicht mehr nur idealistische Studenten, die sich dem Möbel-Upcycling zuwenden. Auf internationalen Fachmessen werden spannende Innovationen und Recycling-Entwürfe präsentiert. Sogar die großen Unternehmen sind mit Pilotprojekten dabei. Besonders federführend auf dem Gebiet der Upcycling-Möbel sind die Skandinavier und Niederländer. Piet Hein Eek war einer der ersten Designer, der von gealterten Materialien fasziniert war und ihre Schönheit in einem neuen Möbelstück bewahren wollte. Seine Schränke, Tische und Stühle aus Altholz sind fast schon legendär. Ein weiterer Name auf der Liste ist Daniel Michalik. Er experimentiert in seinem New Yorker Studio mit Kork. Das A4A Design-Studio in Mailand wiederum verwandelt alte Pappe in Möbel, Kinderspielzeug, Wohnaccessoires und mehr. Auch Tejo Remys „Rag Chair“ ist ein Upcycling-Klassiker. Seine Polsterung besteht aus Stoffresten und Altkleidern. Auf Wunsch verarbeitet Remy sogar abgelegte Textilien seiner Kunden. So erhält beispielsweise das abgetragene Lieblingsshirt oder Großmutters Mantel einen neuen Zweck.

INDIVIDUELLE MÖBEL MIT VORGESCHICHTE

Solche emotionalen Verbindungen wie beim „Rag Chair“ sind es auch, die Upcyling-Möbel so beliebt machen. Diese Einrichtungsgegenstände haben eine Geschichte und zehren vom Charakter ihrer Ausgangsmaterialien. Meist sind sie Einzelstücke, die in speziellen Werkstätten in Handarbeit gefertigt werden. Die vorherige Verwendung wird dabei Teil des Designs. Die Originalität steht eindeutig im Mittelpunkt. Gebrauchsspuren und kleine Makel sind explizit erwünscht. Die Kunden wollen Unikate, mit denen sie in ihrem Zuhause ein Statement setzen können. Sinn für Design und Umweltbewusstsein zugleich beweisen – das darf man ruhig sehen. So wie die Kunden bewusst Massenware ablehnen, entscheiden sich die Designer hier meist aus ästhetischen Gründen für recycelte Materialien.

Antik wirkendes DIY Bücherregal

AUS ALT WIRD NEU

Der andere Weg, um Upcycling-Möbel herzustellen, ist, dass man den Möbeln bzw. deren Materialien ihre Vergangenheit nicht ansieht. In diesem Falle zählt für die Designer eher der Umweltgedanke, wenngleich er auf den ersten Blick unsichtbar bleibt. Ohne eine entsprechende Kennzeichnung wüsste der Käufer nicht, dass es sich um recyceltes Material handelt. Zum Beispiel können gebrauchte PET-Flaschen geshreddert und das Granulat eingeschmolzen werden. Der gewonnene Kunststoff kann genauso verwendet werden wie neuer. So verfährt etwa Richard Liddle, der aus geschmolzenem Plastikmüll lange Schnüre herstellt und daraus seinen „Legs Chair“ formt. Im Prinzip können diese Recycling-Möbel sogar seriell gefertigt werden. Doch um den Umweltgedanken weiter zu spinnen, werden diese Stücke meist nur auf Anfrage produziert. Schließlich wäre überschüssige Ware alles andere als nachhaltig …

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