28. Juli 2020
Luxuriöse High-End-Früchte.
Von teuren Erdbeeren und unbezahlbaren Melonen.
Exotische Früchte mit ungewöhnlichen Formen und Namen in Supermärkten sind nichts Unbekanntes mehr. Doch würden Sie für eine Handvoll Erdbeeren 80 Euro bezahlen? Japaner schon. Wir verraten, warum sie dafür gerne tief in die Tasche greifen und was dieses Obst so besonders macht.
1.800 Euro für eine Melone
Für Genießer mit hoher Kaufkraft gibt es nichts, was es nicht gibt. Für immer mehr Lebensmittelbereiche bilden sich teure Premium-Segmente heraus, so etwa beim Tee. Doch auch bei Früchten kann man jede Menge Geld ausgeben. Bei einer Melonen-Auktion in Sapporo wurde kürzlich eine Densuke-Wassermelone für rund 1800 Euro versteigert. Ein Schnäppchen, wenn man bedenkt, dass diese Früchte letztes Jahr noch umgerechnet mehr als 5.500 Euro pro Stück erzielten. Medial aufgebauschte Obst-Auktionen haben Tradition in Japan. Hier bezahlt man gerne schon einen stolzen Preis für Erdbeeren, Weintrauben und Melonen.
Die teuersten Früchte der Welt
- Sembikiya-Queen-Erdbeeren. Die Riesenerdbeeren sind tiefrot mit weißen Samen und kosten 8 Euro – pro Stück.
- Yubari-King-Melonen. Diese süße Melonenart wird nur in der Kleinstadt Yubari angebaut. Für den süßen Geschmack werden sie täglich massiert. Der Preis: rund 260 Euro pro Melone.
- „Ruby Roman“-Trauben. Diese seltene Sorte darf im Original nur aus der Region Ishikawa kommen. Die einzelnen Trauben werden so groß wie Tischtennisbälle und wiegen mindestens 20 Gramm. Mit einem Mindest-Zuckergehalt von 18 Prozent sind „Ruby Roman“-Trauben extrem süß.
- Taiyo-no-Tamago-Mangos. Übersetzt bedeutet der Name „Eier der Sonne“. Diese Mango-Sorte wird nur vollreif gepflückt, schmeckt besonders saftig und süß mit Ananas- und Kokosnuss-Aromen und wiegt rund 350 Gramm.
- Heligan-Ananas. Diese Frucht stammt ausnahmsweise nicht aus Japan, sondern Großbritannien, genauer den Lost Gardens of Heligan in Cornwall. Die zwei Jahre Reifezeit auf Europas einziger Ananas-Plantage schlagen sich im Preis von rund 1000 Euro nieder.
Luxus-Erdbeeren als Statussymbol
Obst gilt in Japan seit jeher als Besonderheit, denn die raren Ackerflächen des Inselstaats werden traditionell eher für den Gemüseanbau genutzt. Der anhaltende Hype um das High-End-Obst hat aber vor allem mit der ausgeprägten Geschenkkultur des Landes zu tun. Der Großteil der Käufer verschenkt die kostbaren Früchte nämlich zu Festtagen, Hochzeiten oder Geburtstagen. Während bei uns Geschenkkörbe mit Essbarem zwar gerne entgegengenommen werden, haben Lebensmittelgeschenke in Japan einen ganz anderen Stellenwert. Die Japaner sind wahre Kulinariker und stellen mit teuren Steaks, Whiskeys oder Weinen ihren eigenen Wohlstand zur Schau. Als Präsent für Familie, Freunde und Geschäftspartner gilt Luxus-Obst als Zeichen der Wertschätzung. Für den eigenen Verzehr im Alltag greift man hingegen lieber auf günstige Importware zurück – aus dem ganz normalen Supermarkt. Für High-End-Früchte muss man hingegen ein besonderes Shopping-Erlebnis in Kauf nehmen.
Obst-Boutique statt Obsthändler
Verkauft werden die gefragten Obst-Geschenke in speziellen Boutiquen oder in den Luxus- und Geschenkabteilungen von Kaufhäusern. Dort werden sie auch schon mal hinter Sicherheitsglas verwahrt. Mindestens ebenso wichtig wie der Inhalt ist bei japanischen Präsenten übrigens die Verpackung. Daher wird auch das High-End-Obst sorgsam eingewickelt und kunstvoll verpackt. In ihren edlen Schachteln, auf Schaumstoffkissen mit Satin gebettet und in Seidenpapier gewickelt, nehmen sich die Früchte eher wie Pralinés oder sogar Schmuck aus.
High-End-Früchte von der High-Tech-Farm
Hinter den exorbitanten Preisen steckt aber noch ein weiterer Faktor: der sehr aufwendig betriebene Anbau. Japaner stellen hohe Ansprüche an Obst und Gemüse. Saisonalität, Qualität und heimische Herkunft spielen eine bedeutende Rolle. Die Luxus-Früchte übertrumpfen das aber bei Weitem. Viele von ihnen stammen aus LED-beleuchteten High-Tech-Gewächshäusern, wo die Früchte unter Idealbedingungen wachsen. Vom Sauerstoffgehalt über die Temperatur bis zur Luftfeuchtigkeit kann hier vieles geregelt werden, um vom Wetter unabhängig zu sein. Alles ist klinisch sauber und schädlingsfrei, wodurch auch keinerlei Pestizide zum Einsatz kommen. Jede einzelne Frucht wird von Hand kontrolliert, gepflegt und gepflückt – manche sogar per Pinsel künstlich bestäubt. Überhaupt dürfen nicht alle Früchte heranreifen. Damit die ganze Kraft der Pflanze in wenige Früchte fließt, wird der Überschuss einfach entfernt.
Formvollendete Perfektion hat ihren Preis
Perfektion ist das richtige Stichwort, um die japanischen High-End-Früchte zu beschreiben. Nur Exemplare, deren Aussehen, Duft, Farbe, Größe und Form makellos sind, gelangen in den Verkauf. Apropos Form. Ungewöhnliches ist in diesem Punkt sehr beliebt. So gibt es würfel-, pyramiden- und herzförmige Melonen, fünfeckige Orangen oder Birnen in Gestalt eines sitzenden Buddhas. Plastikschalen, die über die jungen Früchte gestülpt werden, verleihen ihnen beim Wachsen die gewünschte Form. Die umgerechnet neun Euro teuren Birnen sollen dem Käufer Unsterblichkeit bringen. Was sonst soll man sich, wenn man sich Luxus-Früchte leisten kann, noch kaufen wollen?