13. April 2021
MEET FOOD – GENUSS ALS RUNDUM-ERLEBNIS.
ÜBER DIE NEUE NÄHE ZUM PRODUKT.
Ob der Einkauf direkt im Bauernladen, der Brotback-Workshop in der Bäckerei oder die Schauküche im Restaurant: Beim Genießen geht es uns oft um mehr als den reinen Konsum. Das Erlebnis rundherum gewinnt zunehmend an Bedeutung. Unter dem Schlagwort Meet Food fördert dieser Trend eine wiedergefundene Nähe zu Lebensmittelproduzenten – und führt so zu mehr Transparenz und Regionalität.
MEET FOOD ALS SOZIALES ERLEBNIS
Auch wenn das Kochen zuhause derzeit so boomt wie schon lange nicht mehr, sehnen sich viele nach einem Restaurantbesuch – oder überhaupt mal wieder nach einem gemeinsamen Mahl in größerer Runde. Essen war eben schon immer eine gesellige Angelegenheit und stillt neben Hunger oft auch unsere sozialen Bedürfnisse. Doch darum geht es bei Meet Food gar nicht, obwohl die Bezeichnung anderes vermuten lassen würde. Meet Food meint nämlich die Begegnung mit den Erzeugern der Lebensmittel, die man verzehrt.
DER HERKUNFT VON LEBENSMITTELN AUF DER SPUR
Woher kommt mein Essen? Wie wird es hergestellt und zubereitet? Durch wessen Hände geht es, bis es auf meinem Teller landet? Diese und ähnliche Fragen stellt sich eine wachsende Zahl an Menschen. Längst beschäftigen sich nicht mehr nur eingefleischte „Foodies“ mit der Herkunft ihrer Lebensmittel. Durch Bio, Regionalität und so manchem aufgedeckten Skandal der Lebensmittelbranche ist der Wunsch nach mehr Transparenz zum Mainstream geworden. Meet Food darf man daher, so Foodtrend-Forscherin Hanni Rützler, als Gegenbewegung zu all jenem verstehen, was im Supermarkt verkauft wird. Von Erde, Blut und Blättern befreit, zerteilt und vorgeschnitten, fertig verarbeitet und steril abgepackt: Das Endergebnis in den Regalen hat oft nur mehr wenig mit dem Ursprung von Lebensmitteln zu tun. Dorthin möchte man nun wieder zurück. Weg vom reinen Konsumieren hin zu einem intensiven (Mit-)Erleben der Prozesse, die dahinterstecken.
MEET FOOD ALS ERNÄHRUNGSLEHRE MIT ALLEN SINNEN
Vor wenigen Generationen noch war es üblich, zum Bäcker und Fleischhauer zu gehen, die quasi ums Eck backten und schlachteten. Nicht selten konnte man einen Blick in die an den Verkaufsraum angeschlossene Produktionsstätte werfen. Die Sehnsucht nach dieser Nähe zum Produzenten und damit zum Produkt flammt nun wieder auf. Die Werte Regionalität (Local Food), Qualität und Transparenz werden in Bezug auf Genuss wichtiger. Bei Meet Food geht es darum, sich über persönliches Erleben Ernährungswissen anzueignen und über die direkte Beziehung zum Erzeuger Vertrauen aufzubauen. Das Lernen geschieht dabei über alle Sinne und bleibt so besser im Gedächtnis. Fast schon automatisch hinterfragt man industrielle Produktionsweisen. Der Konsument übernimmt Verantwortung und erweitert seinen Handlungsspielraum, indem er nicht mehr auf den Supermarkt angewiesen ist. Am Ende wird man nicht nur mit einem guten Gewissen, sondern auch mit einem besonderen Genuss belohnt. Anders als Ware vom Band in der Großfabrik erhalten diese Produkte aus den Händen der Erzeuger von nebenan nämlich den Status eines Unikats.
VOM AB-HOF-VERKAUF BIS ZUR SCHAUKÄSEREI
Wie reagiert die Branche auf den Meet-Food-Trend? Kleinen Produzenten fällt es natürlich leichter, auf diese Kundenbedürfnisse einzugehen. So sehr durch Meet Food Authentizität vermittelt wird, ist sie allerdings auch ein Stück weit Inszenierung. Vom Tag der offenen Tür über die Eigenvermarktung im eigenen Laden bis zur Führung durch den Betrieb gibt es viele Möglichkeiten. Transparenz wird dabei mitunter ganz wörtlich verstanden: Durch Glasscheiben können die Besucher den Arbeitern in Schaukäsereien, Schaumetzgereien und ähnlichen Unternehmen live über die Schulter schauen. Sich am Bauernhof genau jenes Tier aussuchen, das später der Festtagsbraten wird? Warum nicht, denn die ehrliche Beziehung zu Lebensmitteln steht im Fokus. Spezialgeschäfte wie Vinotheken vermitteln bei Veranstaltungen und Verkostungen den Kontakt zwischen Produzenten und Food-Liebhabern. Und somit ist Meet Food am Ende auch ein geselliges Erlebnis, das Menschen näher zusammenbringt.