23. März 2021

TISCHDECKEN – MODE FÜR DEN TISCH.

AUF TUCHFÜHLUNG MIT DEN TRENDS.

Mit Spitzenborte wie einst bei Oma, schlicht als schmaler Tischläufer oder am besten gleich darauf verzichten? Die Tischdecke scheidet nicht nur die Geschmäcker, sondern hat im Laufe der Zeit auch so einige Entwicklungen mitgemacht. Wir blicken zurück in die Geschichte und berichten über die neuesten Trends in der „Tischmode“.

TISCHDECKEN VON DER ANTIKE BIS HEUTE

Tischtücher gibt es ungefähr seit der späten Antike. Damals hatten sie allerdings noch eine gänzlich andere Funktion als heute. Sie dienten nämlich als Mundtücher, also Servietten, mit denen sich die alten Römer bei ihren Festgelagen den Mund abtupften. Mit dem frühen Mittelalter verschwanden diese kleinen Stofftücher wieder, um später sozusagen als Hygienemaßnahme in größerer Form wieder eingeführt zu werden. Man wischte sich darin die Finger und den Mund ab und schützte damit die Kleidung vor Verschmutzung. Dekorative Zierdecken ließen noch länger auf sich warten. Ab dem 16. und 17. Jahrhundert wurden Tischdecken geläufiger, zumindest in den wohlhabenderen Schichten, denn die Pflege von Hand war sehr zeitintensiv. Aus kostbarem Damast, feiner Seide oder ähnlich edlen Materialien gefertigt, handelte es sich dabei um wahre Statussymbole. Mit aufwendigen Stickereien, Spitzen und Bordüren verziert, sollten diese prächtigen Tücher den Wohlstand des Haushalts zur Schau stellen. Auch der Zweck, wertvolle Möbel zu schützen, gewann damals an Bedeutung. Von diesen feinen Herrschaften schaute sich die restliche Bevölkerung immer mehr die Tischkultur – und damit auch die Tischdecken – ab.

Frau deckt den Tisch im Freien zum Mittagessen

DAS TISCHTUCH ALS SYMBOL DER GASTFREUNDSCHAFT

Der Nimbus des Besonderen haftet dem Tischtuch immer noch an. Meist wird es nämlich nur in gehobenen Restaurants oder zuhause zu besonderen Anlässen aufgelegt. Als wichtiger Teil der Tischdekoration ist es ein Zeichen für Gastfreundschaft: Man zeigt den Gästen seine Wertschätzung, indem man sich beim Eindecken besondere Mühe gibt. Anders als im Alltag wird das Festessen inszeniert. Heute ist die Tischdecke ein Industrieprodukt, das in großer Vielfalt erhältlich ist. Längst nicht nur mehr in weiß, sind viele Farben und Formen vertreten. Je nach Saison finden sich Exemplare mit passenden Motiven. Das Tischtuch, so kann man getrost sagen, ist ein Teil des Interior-Lifestyles geworden. Gerade da das moderne Standardgeschirr häufig einfach in Weiß gehalten ist, lassen sich mit dem Tuch darunter beliebige Akzente setzen.

VOM MUST-HAVE ZUM NO-GO: WARUM VIELE AUF TISCHDECKEN VERZICHTEN

Dennoch ist das Tischtuch in den letzten Jahren ein wenig in Verruf geraten. Ob wohl Vertreter wie das praktische, aber wenig stilvolle Wachstuch, das viele mit Garten- oder Campingtischen assoziieren, dazu beigetragen haben? Gesichert ist jedenfalls, dass im 20. Jahrhundert mit dem Bauhaus und Pop-Art Einrichtungsströmungen aufkamen, die in ihrem Purismus das Tischtuch wegrationalisierten. Auch zu den Glas- und Stahlrohrtischen der 1990er-Jahre waren „biedere“ Tischtücher kaum denkbar. Vor ein paar Jahren kam sogar der Spitzengastronomie die Tischbekleidung abhanden. Vor allem die „jungen Wilden“ brachen mit der Tradition und setzen seither auf eine blanke Platte. Die Haute Cuisine präsentiert sich dadurch betont informell und leger – auch der Hype rund um Steingut-Geschirr lässt sich in diese Richtung deuten. Zudem möchte man nicht vom Essen ablenken. Dabei könnten Wirte indirekt von mehr Stoff am Tisch profitieren: Eine deutsche Studie fand nämlich heraus, dass man an einem mit einer Tischdecke bedeckten Tisch mehr und lieber isst und länger verweilt.

Rustikaler Naturstyle eines Tisches

SIND TISCHTÜCHER ÜBERHAUPT NOCH ANGESAGT?

Und wohin geht der Trend zuhause in den Esszimmern? Hier ist das Tischtuch aus dem Alltag verschwunden und durch pflegeleichtere, handlichere Sets ersetzt worden. Außerdem sehnt man sich dank Natural Living zurück zu Natürlichkeit, Holztische sind also angesagt. Deren einzigartige Maserung und Färbung verdeckt man nur ungern unter einer Bahn Stoff. Aber Totgesagte leben bekanntlich länger und so darf man Tischwäsche keineswegs abschreiben. Angst vor Flecken wie einst an Großmutters Esstisch muss man heute aber nicht mehr haben: Moderne Tischdecken verbreiten eine entspannte Atmosphäre, sind wunderbar unperfekt und dürfen knittern – daher auch die Beliebtheit von Leinen. Die Üppigkeit ist einer subtilen Schlichtheit gewichen. Naturtöne wie Creme sind vielseitig einsetz- und kombinierbar, unabhängig von der Jahreszeit. Erlaubt ist, was gefällt. Es muss einfach zur Persönlichkeit des Gastgebers, zur Einrichtung, zum Anlass und bestenfalls zum restlichen Tischgedeck passen. Das kann heißen, bewusst auf das Tischtuch zu verzichten. Genauso authentisch kann es aber auch sein, an Festtagen die schönste Tischdecke hervorzuholen und das Festmahl bewusst zu zelebrieren.

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