31. August 2021
FORAGING – DER GESCHMACK DER NATUR.
DER FOOD-TREND, DER DEN SAMMELINSTINKT WECKT.
Vergessen Sie den Supermarkt – beim Food-Trend namens Foraging werden Wald und Flur zur reich bestückten Speisekammer. Von Brennnesseln bis Tannenzapfen kommen viele Wildpflanzen, die noch vor wenigen Generationen viel häufiger in den Töpfen landeten, wieder auf unsere Teller. Auch in der Spitzengastronomie, die zur Wiederentdeckung des Sammelns in der Natur beigetragen hat.
WAS IST FORAGING?
Mit dem Start der Pilzsaison schwärmen in Mitteleuropa wieder viele aus, um an ihren Geheimplätzen Leckerbissen zu pflücken. Die meisten Pilzsammler wissen wohl gar nicht, dass sie damit Foraging betreiben. Unter diesem englischsprachigen Begriff versteht man die Nahrungssuche in der freien Natur – also in Wäldern, auf Wiesen, im Meer oder in den Bergen. Eben überall dort, wo es für den menschlichen Verzehr geeignete Pflanzen und Pflanzenteile gibt. Eigentlich eine uralte Methode, um satt zu werden, und dennoch steckt heute mehr dahinter.
VON DER NOTWENDIGKEIT ZUM FOOD-TREND DER AVANTGARDE-GASTRONOMIE
Noch bis ins 19. Jahrhundert war das Sammeln von Wildpflanzen weit verbreitet. Vor allem die Landbevölkerung deckte dadurch ihren Nahrungsmittelbedarf. In Zeiten von Hunger und Lebensmittelknappheit hielt sich diese Art der Versorgung sogar noch bis in die Ära der industriellen Landwirtschaft. Gewisse Traditionen blieben vielerorts bis heute bestehen – wie eben das Pilzesammeln. Seit ein paar Jahren wird das Pflücken von Bärlauch, Holunder und Co. wieder beliebter und ist längst kein Nischen-Hobby mehr. Treiber des Trends war ausgerechnet die Spitzengastronomie. Als Erster experimentierte René Redzepi, seines Zeichens Küchenchef im renommierten Kopenhagener Restaurant „Noma“, mit Wildpflanzen. Seither entdecken immer mehr Köche und Barkeeper das Potenzial von Foraging. Die Gäste lieben Hausgemachtes mit Zutaten aus der Region – und die Geschichten, die sich darüber erzählen lassen.
DIE VORTEILE VON FORAGING
In einer gewissen Community ist Foraging zu einer Art Lifestyle geworden. Hier finden Trends wie Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Regionalität (bzw. Local Food) ein Zuhause. Man ernährt sich bewusst im Einklang mit der Natur und den Jahreszeiten, erlebt Entschleunigung. Andere wiederum reizt der Aspekt der autarken Versorgung mit kostenlosen Lebensmitteln. Hinter Foraging steckt vermutlich die moderne Sehnsucht nach Naturverbundenheit und Nähe zu unserer natürlichen Umgebung. Und nach unverfälschtem, authentischem Geschmack – schließlich schmecken Wildpflanzen intensiver als gezüchtete Varianten. Außerdem enthalten sie mehr Nährstoffe: Brennnesseln kommen auf einen 25-mal höheren Vitamin-C-Gehalt als Blattsalate aus dem Gewächshaus.
DIESE HEIMISCHEN PFLANZEN EIGNEN SICH FÜRS FORAGING
Ein weiterer Pluspunkt von Foraging: Man lernt ständig neue Aromen kennen – und so manche Überraschung. Oder hätten Sie geahnt, dass Klette nach Artischocke schmeckt, die Sprossenspitzen der Rottanne nach Zitrone oder Steinginster-Blüten wie Kokos? Dies sind jedoch relativ „exotische“ Beispiele. Bodenständigere Foraging-Zutaten sind beispielsweise Wildkräuter, Löwenzahn, Hagebutten, Nüsse und Hopfen. Im Frühjahr gibt es zarte Brennnesselblätter, Holunderblüten und Bärlauch. Im Herbst stehen Bucheckern, Moose und Flechten auf dem Foraging-Speiseplan und im Winter Wurzeln sowie Zwiebeln.
5 REGELN & TIPPS FÜRS FORAGING
- Nachhaltig und schonend sammeln. Pflanzen dürfen nicht beschädigt werden, um die Artenvielfalt und -fortbestand zu sichern. Sammeln Sie nur zum eigenen Verbrauch und lassen sie genug übrig für andere Forager sowie die Tierwelt.
- Wissen, was man sammelt. Ernten und verzehren Sie nur Pflanzen, die Sie mit Sicherheit identifizieren können. Ansonsten besteht die Gefahr einer Vergiftung. Probieren Sie zuerst immer nur eine kleine Menge und beobachten Sie Ihren Körper, bevor Sie mehr zu sich nehmen.
- An den richten Stellen sammeln. Die Wildpflanzen sollten von unbelasteten, nicht-kontaminierten Orten stammen. Sammeln Sie nicht neben befahrenen Straßen, beliebten Hunde-Spazierwegen etc.
- Den Artenschutz beachten. Machen Sie sich mit dem Gesetz für Wildpflanzen vertraut. Oft sind nur gewisse Mengen erlaubt bzw. stehen seltene Arten unter Artenschutz.
- Sich über Konservierung und Zubereitung schlau machen. Wildpflanzen sind empfindlicher als gezüchtete Lebensmittel. Eine schonende Zubereitung ist daher umso wichtiger. Um das ganze Jahr über von Ihrer Ernte zu profitieren, können Sie das Gesammelte trocknen oder fermentieren, um es haltbar zu machen.
REZEPT: HERBSTLICHES BUCHECKERN-PILZ-PESTO
Zutaten:
- 40 g Bucheckern
- 120 g frische Pilze (z. B. Champignons)
- 1 Schalottenzwiebel
- 50 ml Olivenöl
- 40 g Parmesan oder Grana Padano
- Salz, Pfeffer
Zubereitung:
- Bucheckern aus der Schale lösen und grob hacken oder im Mörser zerkleinern. Pilze putzen und fein würfeln. Schalotte schälen und klein hacken.
- Bucheckern ohne Zugabe von Fett in einer Pfanne kurz anrösten, herausnehmen und beiseite stellen.
- Olivenöl in der Pfanne erhitzen und die Zwiebel glasig anschwitzen. Pilze hinzugeben und unter gelegentlichem Rühren garen. Bucheckern wieder in die Pfanne geben und alles vermischen.
- Temperatur zurückschalten, das Pesto mit dem restlichen Olivenöl anrühren, salzen und pfeffern. Parmesan fein reiben und untermischen.
Tipp:
Bucheckern sollten vor dem Verzehr immer erhitzt werden. Geröstete Kerne sind ein köstliches Topping für Salate oder Müsli, eignen sich aber auch zum Brotbacken.